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Als ich in den Siebzigern anfing Musik zu machen, gab es in dem kleinen Provinzstädtchen, in dem ich aufwuchs, noch keine Fender-,Marshall- oder Vox-Verstärker. Die wenigen Bands, die mal am Wochenende spielten, verwendeten zu dieser Zeit fast ausschließlich die hübschen kleinen Kisten mit dem klangvollen Namen Echolette. Dabei war es ganz egal, ob es sich dabei um die Tanz-Kombos im Festzelt oder die für mich damals progressiven Beat-Bands handelte.
Echolette war allgegenwärtig. Kein Wunder also, dass irgendwann auch ich so einen Amp von einem Musiklehrer „erbte“. Das war ein kleiner 20-Watt-Amp, den der Vorbesitzer aus irgendeinem Grund in ein Spanplatten- Gehäuse geschraubt und mit knallroter Dezifix-Folie beklebt hatte. Ich war jedenfalls glücklich, der Amp klang nämlich genau so, wie ich mir das damals vorgestellt hatte.
Ein paar Jahre später lieh mir unser Keyboarder seinen Klemt Echolette BS40N mit zwei EL34 in der Endstufe. Das war ein gewaltiger Schritt nach vorn. Ich liebte diesen Amp. Er funktionierte immer, hatte zwei Kanäle, die man überbrücken konnte – und weit aufgedreht tönte er wie ein richtiger Marshall.
Rückansicht °
In dieser Folge stelle ich jedoch den wohl am weitesten verbreiteten Echolette-Verstärker vor: Den beinahe schon legendären M40-Mischverstärker. Der Amp war Echolettes Allround-Künstler, da er praktisch mit jedem Instrument gut klang, einschließlich Gesang. Oft wurde er im Doppelpack mit einem Echogerät N51 im gleichgroßen Gehäuse verkauft.
Der hier abgebildete Verstärker stammt von einem Kunden, der ihn extrem günstig gebraucht gekauft hat und ihn in meine Werkstatt runderneuern lassen möchte. Das trifft sich gut, denn so kann ich endlich die zahlreichen Anfragen von Liebhabern zu diesem Thema bedienen. Die Geschichte von Echolette begann Anfang der 50er-Jahre. Der Orchestermusiker Hans Bauer ließ bei der Firma Klemt in Olching bei München zunächst Instrumentenverstärker in kleiner Stückzahl produzieren.
Trafos und Röhren °
Mangels Importware aus den USA oder England wurden die Verstärker schnell überregional bekannt und verkauften sich schließlich in die ganze Welt. Hans Bauer und seine frei verdrahteten Qualitäts-Verstärker waren damals zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Beat- und Orchester-Musik waren auf dem Vormarsch. Schaut man ins Innere des M40, entdeckt man praktisch alle Zutaten, die heute einen edlen und teuren Boutique- Amp ausmachen würden: hochwertige Trafos Made in Germany, freie Verdrahtung und einen immer noch funktionstüchtigen Röhrensatz von Telefunken.
Nicht schlecht! Natürlich gibt es da auch ein paar kleinere Schnittstellen, die damals vielleicht zeitgemäß waren, aber heute für Profis einfach untauglich geworden sind. Die ersten Modelle hatten beispielsweise Diodeneingänge anstelle von Klinkebuchsen. Ich weiß noch, dass wir in unserer ersten Band stets eine Kiste mit allen möglichen Adaptern mitführen mussten. In manchen Echolette-Verstärkern kamen auch Röhrentypen zum Einsatz, die heute exotisch wirken. Aber was soll’s? Der M40 hat ECC83-Vorstufenröhren, vier EL84 in der Endstufe und zwei EZ81 für die Gleichrichtung. Das erinnert zu recht an die Bestückung des Vox AC30.
Insgesamt ist der Echolette auch deutlich besser verarbeitet als sein berühmtes Pendant aus England. Es macht richtig Spaß, die immer noch tadellose Technik im Inneren zu studieren. Der Amp hat vier Kanäle mit jeweils einem Eingang und Volume-Regler. Rechts daneben sind zwei Potis für Höhen und Bässe sowie ein Regler für die Gesamtlautstärke. Und damit ist der M40 sogar der erste mir bekannte Amp mit Master-Volume. Denn genau so kann man diesen Regler einsetzen.
Ausgänge für 6 und 15 Ohm °
Im Gegensatz zumAC30 besaß derM40 jedoch eine starke Gegenkopplung sowie einen Ultra-Linear-Ausgangsübertrager. Beides sorgte dafür, dass der Amp länger clean bleibt als ein Vox. Die Bauteilauswahl erinnert sogar an die allerersten Marshalls. Auch bei Klemt in Olching verwendete man eben das, was damals gut und zuverlässig war.
Die große Ära der Klemt-Echolette-Geräte – oft in den typisch goldfarbenen Hammerschlag- Gehäusen – dauerte bis etwa 1969 an, als das Unternehmen von Dynacord aufgekauft wurde. Das gesamte Programm wurde damals modernisiert und mit anderen Gehäusen versehen. Mitte der Siebziger sah man überall die neue Verstärker-Linie mit grauer Plexi-Front und zumindest teilweise schon in Transistortechnik.
Das Innenleben des M40 °
Der M40 gehörte beispielsweise ab den frühen Sechzigern zur Haus-Backline im Hamburger Starclub. Auch die Beatles verwendeten daher diese Amps. Für den Gesang waren die Verstärker damals sogar erste Wahl. Auch in den frühen Beatclub- Aufnahmen von Radio Bremen sieht man die Verstärker auf der Bühne – die meisten Bands konnten noch keine eigene Backline mitbringen.
In den späten Siebzigern ging es mir manchmal genauso. Zu manchen Auswärts-Gigs musste ich trampen oder mit der Bahn fahren, ich konnte also keinen Verstärker mitnehmen. Häufig fragte ich vor Ort nach einer Ausrüstung. Und nicht selten wurde mir da ein M40 hingestellt. Jedes Mal, wenn ich die kleine goldene Schatzkiste erblickte, schoss mir ein breites Grinsen ins Gesicht, denn die Amps klangen immer fantastisch. Oft bekam ich auch die passende 2×12-Box dazu, die mit Isophon-Lautsprechern bestückt war.
Auch die hatten es irgendwie in sich und klangen wie eine Mischung aus einem alten JBL D120 und einem grauen Celestion Alnico. Genau so ging es mir vor zwei Wochen, als ich dem vorgestellten Amp die ersten Töne in meiner Werkstatt entlockte.
Das Typenschild mit Seriennummer °
Nicht umsonst werden diese Amps mittlerweile als „poor man’s JTM45“ gehandelt. Der Sound erinnert tatsächlich an die frühen Marshalls. Mich erstaunt vor allem, dass der Verstärker nach all den Jahren überhaupt noch funktioniert. Er brummt ein bisschen, was wohl einem defekten Elko geschuldet ist, aber sonst läuft er tadellos – eine gründliche Reinigung könnte er allerdings vertragen.
Die Produkte von Klemt Echolette aus den 50er- und 60er-Jahren gehören für mich daher in die Riege der ewigen Geheimtipps. Wer es in Kauf nimmt, die meist notwendige Überarbeitung durch einen Techniker vornehmen zu lassen, erhält hier für nur wenige hundert Euro ein wirklich hochwertiges Produkt mit gutem Sound. Boutique-Qualität durch und durch. Neben demM40 sind natürlich BS40-Amps äußerst empfehlenswert. Und wer es hinbekommt, die alten Echos wieder auf Trapp zu bringen, bekommt ein kultiges Röhren-Delay, das dem berühmten Echoplex nahesteht.
Legendär sind auch die würfelförmigen Mikrofone ED12 oder MD409, die schon damals bei AKG oder Sennheiser hergestellt wurden, aber in den frühen Jahren noch den Echolette-Schriftzug trugen. Zu sehen sind diese unter anderem in dem Film ‚Pink Floyd – Live at Pompeii‘. Den M40 sieht man derzeit sogar relativ häufig auf Gebrauchtbörsen im Netz. Für rund 300 bis 400 Euro wird man da schon fündig. Da macht es kaum etwas aus, wenn man noch einmal genauso viel in die Restaurierung investiert. Bis zum nächsten Mal! Udo Pipper
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(Aus Gitarre & Bass 06/2018)